„Geht das Geschäftsmodell überhaupt noch?“
Die Talkrunde am Ende des ersten Kongresstages stand ganz im Zeichen der Aufforderung zu mehr Dynamik. Sowohl die Politik müsse mehr tun, sich mehr engagieren und Lokal-TV eine höhere Bedeutung beimessen als bislang. Als auch die Lokal-TV Veranstalter selbst seien gefordert, so Bärbel Romanowski-Sühl, Medienrat mabb, beharrlich auf die Politik einzuwirken, ihre Geschäftsmodelle zu überprüfen, neue Wege zu gehen und die Qualität im Auge zu behalten.
Jochen Fasco, Direktor TLM, stellt in der Talkrunde die grundsätzliche Frage „Geht das Geschäftsmodell überhaupt noch?“ Wenn das Lokal-TV Geschäftsmodell nicht gut funktioniert, müsse sich Politik entscheiden, was sie tun will. Dafür muss genügend Druck aufgebaut und klar gemacht werden, wie gut Lokal-TV Politik vermitteln kann. Mike Langer von Altenburg TV ergänzt, Politik stünde immer dann auf der Matte, wenn es um kostenlose Berichterstattung geht. Eine Gegenleistung, etwa in Form von Produktionsaufträgen für z.B. Landtagswahlen kämen nicht. Diese würden noch zu oft am anderen Ende der Bundesrepublik produziert.
Eine Zusammenarbeit der Sender im Netz, in den Sozialen sowie in persönlichen Netzwerken sei für eine starke Stimme gegenüber der Politik elementar notwendig, so Fasco. Romanowski-Sühl regte außerdem an, neue Wege zu gehen und berichtete vom Schweizer Modell der direkten Förderung von Lokal-TV. Für diese öffentlich-rechtliche Förderung sieht Fasco aber keine rechtliche Grundlage, und daher auch kein Schweizer Modell auf Sicht.
Robert Dobschütz von der Leipziger Internet-Zeitung glaubt fest an die Wichtigkeit der Inhalte. Auch Romanowski-Sühl sieht das so und bescheinigt lokaler Berichterstattung die Kraft, Dinge zu bewegen und die Menschen zum Überdenken von bisherigen Positionen zu veranlassen. Über den Erfolg der Inhalte würden dann aber die Nutzer entscheiden, so Dobschütz. Es sei jedoch wichtig, die Finanzierung auf verschiedenen Füße zu stellen: „Was habe ich von Reichweite, wenn ich sie nicht monetarisieren kann.“ Dazu berichtete er von ersten erfolgreichen Ergebnissen der Einführung von Abo-Modellen, welche sich jedoch auch aus seiner Sicht schlecht auf Fernsehen anwenden lassen. Jeglicher Journalismus ist für ihn aber „lokaler Journalismus“, denn es geht um die Direktheit vor Ort und den Kontakt zwischen den Menschen. Die herrschenden Missstände seien dabei ein Ergebnis, wie lange schon auf ein Handeln der Politik gewartet würde.
Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, stellt im Zuge der Digitalisierung zunächst andere ökonomische Spielregeln, geringere Renditen und den damit einhergehenden Abbau journalistischer Qualität fest und hält dies für einen riesigen Fehler. Zudem sei die jetzige Medienordnung durch die Digitalisierung überholt und die Politik sei gefordert. Abschließend brachte Krüger angesichts der enormen Umbrüche in der Medienlandschaft in Richtung Lokal-TV Veranstalter auf den Punkt: „Man muss sich bewegen. Man muss sich maximal bewegen.“ Und vielleicht müsse man, so Mike Langer, der Politik „ab und zu mehr weh tun.